| Faszination unter dem Meeresspiegel - April bis September 06
Inhalt
Auf zu neuen Horizonten
Die Haengenden Gaerten Sipadans
Der perfekte Tauchgang
Geht's um den Schutz oder den Schtutz?
Seezigeuner und Scubadiver
Sempornas versteckter Charme
Auf zu neuen Horizonten
Wieder einmal sind wir unvermutet in ein neues Projekt eingetaucht, diesmal wortwoertlich. Seit neustem sind wir im Tauchbusiness taetig... Wie war das doch gleich? Als wir zu Hause unsere Reise planten, erwaehnte Migg das Tauchen, worauf Caroline meinte: "Vergiss es einfach. Alles, nur nicht tauchen! Ich moechte zwar liebend gern die Korallengaerten einmal mit eigenem Auge sehen, aber tauchen?!" Als wir nun in Sabahs (Borneo) Reisefuehrern herumblaettern, lesen wir immer wieder von der Insel Sipadan an der Ostkueste, die von einem Weltklasse-Tauchgebiet umgeben sein soll. Die Bilder sehen tatsaechlich grandios aus. Als Caroline hoert, dass es sogar Seepferdchen zu sehen gibt, ist der Entscheid, ein neues Abenteuer zu wagen, nicht mehr weit. Unser Hotel, in dem wir gerade hausen, hat einen Swimmingpool, und bald schon sitzen wir mit einer Taucherbrille ausgeruestet unter Wasser und Migg zeigt Caro erste "Einstiegs-Uebungen".
Einige Tage darauf beginnt der ofizielle Kurs in Kota Kinabalu, siehe da, es ist einfach genial! Migg steigt nach ueber 10 Jahren des Nichttauchens da ein, wo er damals aufgrund seines Unfalles aufgehoert hat und absolviert den Rettungstaucher-Kurs. Dann ziehen wir Richtung Semporna, dem Ausgangsort fuer Tagesausfluege nach Sipadan. Mehr und mehr tauchen wir ein in die Materie, ein Kurs folgt dem anderen. Es macht Spass, Neues zu lernen und die Tauchtheorie samt Physik und Physiologie bis ins Detail zu verstehen. Einige Wochen, Examen und Tauchgaenge spaeter ist Migg vom "Open Water Scuba Instructor" ueber den "Master Scuba Diver Instructor" bis zum "IDC Staff Instructor" aufgestiegen und hat ueber 50 Taucher ausgebildet. Caro ist "Assistant Instructor"! Schaut mal unter www.gopro-borneo.com rein und ihr entdeckt das eine oder andere Bild von Instructor Michael in Action... Die Haengenden Gaerten Sipadans
Zuerst weiss man gar nicht, worauf man seinen Blick fokussieren soll. Soviel gibt es in Sipadans Unterwassergaerten zu sehen. Dutzende von Schildkroeten, Riff- und Leopardenhaie, dazu eine unglaubliche Vielfalt an bunten Kleinfischen, farbige Papageifische und Triggerfische, die mit ihren scharfen Zaehnen an den Korallen nagen. Mit etwas Glueck sieht man riesige Barracuda-Schulen, die silbrigglaenzende Kreise ziehen. Die Vielfalt ist so gross, dass man sich fast in einem riesigen Aquarium waehnt! An guten Tagen ist die Sicht an die 40 Meter weit, das Wasser leuchtet in einem intensiven blau. Sipadan ist eine Insel vulkanischen Ursprungs, deren steile Waende teils fast senkrecht 600 Meter in die Tiefe gehen. Die Wand ist in Korallen gekleidet, die ungezaehlten Nischen und Einbuchtungen bieten einen vielfaeltigen Lebensraum. Wunderschoene Softkorallen wiegen sich im Wasser wie kleine Baeume im Wind. Sie haben milchigweisse "Staemme" und rotgelbe, goldene und violette Fortsaetze. Ploetzlich haben wir "Gegenverkehr": Ein riesiger Mantaray "fliegt" mit regelmaessigen Bewegungen unweit von uns durchs Wasser. Wir drehen um, schwimmen gegen die Stroemung ein Stueck mit, doch wir sind definitiv zu langsam und schauen zu, wie er im Blau verschwindet. Ein erhabener Augenblick! Auf dem Ruecken des Manta sitzen zwei Putzerfische, die aussehen, als waeren sie Piloten des Mantaflugzeuges... Der perfekte Tauchgang
Statt wie ueblich in einer Gruppe zu tauchen, sind heute nur wir zwei unterwegs. Das Wasser ist klar, die Sonne beleuchtet die Korallenwaende bis tief hinunter. Wir waehnen uns in einem Maerchengarten. Die Wasseroberflaeche ist wie ein Zaubertor, eine Trennlinie zwischen zwei komplett unterschiedlichen Welten. Wir lassen uns von der leichten Stroemung vorwaertstreiben und betrachten die trichterfoermigen Schwaemme, die gross sind wie Weinfaesser, die riesigen roten Korallenfaecher und die zahlreichen Seeanemonen, die im Wasser zu tanzen scheinen. Die Wand ist teils tief eingebuchtet, immer wieder passieren wir kleine Hoehlen, entdecken eine grosse Moraene, die uns boese anschaeut und den Mund oeffnet, als wollte sie gleich zubeissen. Die Wasseroberflaeche ist selbst aus 30 Metern Tiefe gut erkennbar. Eine Napoleon-Wrasse, fast so gross wie wir selbst, folgt uns neugierig und begleitet uns fuer den Rest des Tauchgangs. Neugierig schwimmt sie ganz nahe heran, angezogen von den Sauerstoffblasen. Wie in einer geplanten Choreographie folgt ein Hoehepunkt dem anderen, heute stimmt einfach alles! Kurz vor dem Auftauchen finden wir uns unvermittelt mitten in einer riesigen Schule silbrigglaenzender Trevallys wieder. Minutenlang kreisen sie um uns herum – was fuer ein unendliches Gluecksgefuehl! Geht's um den Schutz oder den Schtutz?
Seit April 2006 hat Sabah Parks, eine Institution der Regierung, die zustaendig ist fuer die Nationalparks in Sabah, auch Sipadan unter sich. Seitdem duerfen taeglich nur noch 120 Taucher nach Sipadan, was fuer den Schutz der Korallenriffe eine gut Sache ist. Statt wie zuvor 40 Ringgit (ungefaehr 12 CHF) pro Woche ist der Preis fuer die Tauchbewilligung seitdem auf 40 Ringgit pro Tag angestiegen. Dies ist fuer westliche Verhaeltnisse zwar noch immer ein relativ kleiner Betrag und wird von den Leuten auch ohne grosse Diskussionen bezahlt. Doch – was wird mit dem eingenommenen Geld getan? Gibt es irgendwelche konkreten Schutzprojekte? Waehrend unserer Zeit in Sipadan konnten wir leider nicht herausfinden, wozu die eingenommene Summe verwendet wird. Boese Zungen lassen verlauten, dass das Geld irgendwo zwischen Buerostuehlen und neuem Fourwheeldrive versandet. Rechnet man mit taeglich 120 Tauchern, so belaeuft sich die eingenommene Summe immerhin auf nahezu 600’000 CHF pro Jahr. Hinzu kommt, dass die Zahl der Taucher sehr oft ueberschritten wird, wohl das Resultat "guter Beziehungen". Schade, denn es gaebe viel zu tun in der Region. Es reicht nicht, dass "nur" die Riffe um Sipadan geschuetzt sind. Es kann nicht angehen, dass einige Kilometer weiter noch immer mit Dynamit gefischt und das Meer total ausgebeutet wird. Sabah Parks taete gut daran, endlich aktiv zu werden und neue Projekte zu initiieren. Handlungsbedarf besteht auch im Umgang mit dem Abfall. Die Leute muessten mit Kampagnen dazu erzogen werden, Plastiksaecke und anderen Muell nicht einfach achtlos ins Meer zu schmeissen. Seezigeuner und Scubadiver
In einem kleinen, kanuartigen Holzboot sitzt ein Mann, vor ihm ist ein kleines, rechteckiges Stoffsegel aufgespannt, das sich im Wind blaeht. Mit einem Ruder hilft der Mann nach, um schneller vorwaerts zu kommen. Dazu singt er lauthals. Wir beobachten ihn fasziniert, waehrend wir zwischen zwei Tauchgaengen am Strand pausieren. Nebst Sipadan tauchen wir auch auf den umliegenden Inseln, unter anderem auf Sibuan. Es gibt hier unter anderem grosse, rote Anglerfische, orange-gruen-blau gemusterte Mandarinfische und schlangenartige Seenadeln aus der Familie der Seepferdchen. Die Insel ist ganz klein und erst seit einigen Wochen bewohnt. Die neuen Bewohner sind Seezigeuner, die zum Volk der Bajau gehoeren und mit ihren ueberdachten Booten zwischen den Philippinen, Indonesien und Malaysia hin- und herziehen. Das Volk lebte einst ausschliesslich auf Booten und war staatenlos, ist aber mittlerweile zu einem grossen Teil sesshaft oder halbsesshaft geworden. Auf Sibuan haben die Bajau temporaere Huetten auf Stelzen gebaut, deren Daecher aus Palmblaettern, die Waende aus geflochtenen Grasmatten bestehen. Frischwasser gibt’s keines auf der Insel, es wird eingetauscht gegen Fische. Die Frauen bemalen sich ihre Gesichter weiss, vermutlich als Schutz vor der Sonne. Ihre Kleider sind ein buntes Durcheinander aus alten T-Shirts und wild gemusterten Stoffen.
Die Taucher, welche die Insel besuchen, bilden mit ihrer Ausruestung einen krassen Kontrast und sind die grosse Attraktion. Die Kinder kommen mit ihren Muettern heran und umringen sie staunend, immer ein Lachen im Gesicht. Ein kleines Maedchen singt mit kehliger Stimme immer wieder die gleiche Melodie, die fuer uns irgendwie den Stolz und die Freiheit der Leute ausdrueckt. Ein einpraegender Moment. Leider stecken die meisten westlichen Touristen einfach zu fest in ihrer eigenen materiellen Welt fest, um die Zusammenhaenge zu verstehen. Fuer viele sind die Bajau die armen Leute, denen man helfen muss. So reichen sie den Kindern die Reste ihres Mittagessens, natuerlich inklusive Styroporbox, Petflaschen mit Wasser und Baseballmuetzen. Ein besonders findiger Taucher schenkt ihnen seine Sonnencreme. Es ist zwar zugegebenermassen ein koestlicher Anblick, wie sich die Kids minutenlang die Arme und Beine genuesslich einreiben, doch eigentlich ein Bloedsinn. Das Resultat ist auch sofort da: Die Kinder kommen nun her, halten die offene Hand hin und betteln. Ein klassisches Beispiel, wie es mit dem Tourismus laeuft und wie er die Strukturen eines Volkes zerstoeren kann. Klar ist eine gewisse Entwicklung nicht aufzuhalten und auch sinnvoll. Am besten waere es wohl, die Leute zu bilden, sie zum Beispiel aufzuklaeren ueber den Abfall und wie sie damit umgehen koennen. Doch dies muesste vom Staat aus kommen, und der hat natuerlich kaum Interesse an den herumziehenden Leuten und moechte sie wohl am liebsten sowieso alle sesshaft in einem Dorf sehen. Sempornas versteckter Charme
Semporna – das sind einige langgezogene Haeuserreihen mit dutzenden kleinen Allerlei-Shops, die alle mehr oder weniger das gleiche anbieten, ein paar kleine Restaurants, eine kleine KFC-Filiale und eine handvoll Hotels. Punkto Nachtleben gibt’s ausser zwei, drei duesteren Karaoke-Bars nicht viel. Die Touristen, die hierherkommen, sind praktisch ausschliesslich Taucher, denn Semporna liegt an der Ostkueste Sabahs und ist der Ausgangsort fuers Tauchparadies Sipadan. Das Dorf ist schlaefrig und macht einen heruntergekommenen Eindruck. Ueberall liegt Abfall herum. Nachts sieht man die Ratten vorbeihuschen und die Kakerlaken davonkrabbeln. Toent nicht gerade "anmaechelig", was? Doch diese Beschreibung ist lediglich das, was man zuerst sieht, die Oberflaeche. Beim zweiten Blick entdeckt man die Zwischentoene, freut sich ab dem verfuehrerischen Duft, der einem beim Stand des Kaffeeverkaeufers entgegenweht, entdeckt auf dem Markt spezielle Gemuesesorten und gruesst die alte Frau, die immer an der selben Ecke auf einem Plastikhocker sitzt, vor sich eine kleine Kiste mit Bonbons und Zigaretten. Der Schuhmacher am Strassenrand flickt geduldig Schuhe, die neu kaum mehr als 2 Franken gekostet haben duerften. Kleine Kinder bringen jeden Morgen Plastiksaecke gefuellt mit kleinen Fischen von den Booten zum Fischmarkt. Kaum einer traegt Schuhe, und die Saecke sind so schwer, dass sie zwischendurch immer wieder mal abgestellt werden muessen. Schon kommen von ueberall her die Katzen heranzurennen, und verstohlen werfen ihnen die Burschen einige Fische zu und gehen weiter. Solche Episoden zu beobachten, zu sehen, wie die Leute hier leben, das ist es, was Semporna interessant macht.
Eines Tages erwacht das Staedtchen ploetzlich zum Leben. Die Strassen werden mit kleinsten Besen von Hand gereinigt, hier ein Trottoir geflickt, da ein Schlagloch aufgefuellt. Ueberall haengen bunte Lichterketten. In ein paar Tagen ist "Lepa Lepa", die Regatta mit den traditionellen Holzbooten der Bajau. Die Bajau sind das zweitgroesste indigene Volk Sabahs und leben in der Kuestenregion, viele von ihnen wohnen in Wasserdoerfern auf Stelzen, teils weit draussen im Meer an untiefen Stellen. Lepa ist die Bezeichnung fuer ihre alten, traditionellen Holzboote, die am Bug kunstvolle Schnitzereien tragen. An der "Lepa Lepa"-Regatta messen sie sich in verschiedenen Disziplinen und werden in mehreren Durchgaengen praemiert. Nebst den traditionellen Booten nehmen heute auch Holzschiffe neuerer Bauart teil, was auch ganz gut ist so, denn obwohl fuers Auge weniger schoen, entspricht es der Realitaet, dass die alten Boote im taeglichen Leben kaum mehr benutzt werden. Mit bunten Stoffsegeln, Faehnchen und Flaggen ausstaffiert folgt ein Boot dem anderen durch die Bucht von Semporna, beobachtet von einer riesigen Menschenmenge. Die Leute auf den Booten tragen traditionelle Kleidung mit bunten Stickereien und Pailletten, tanzen und musizieren mit Gong und Trommel. Die Taenzerinnen und Taenzer, teils auch Kinder, bewegen sich sehr grazioes und langsam, einige von ihnen tragen an den Fingern klingelnde Fortsaetze aus Silber. Das ganze ist sehr stimmungsvoll, wenn auch ziemlich folkloristisch angehaucht. Vielleicht etwa so, wie ein typisches Schweizer Schwingerfest mit Trachten und Alphornklaengen.
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Last update: 11:18 26/02 2007
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