reiseberichte
mongolei
Im Land der Pferde


Inhalt

Mehr Pferde als Einwohner

Weltgeschehen ade - wo gibt's hier Wasser?

Fischen ohne Fischerrute

Pflegeleichte Pferde

Rodeospruenge und bissige Pferde

Packpferd packen

Ein Cowboy muss her!

Da waren's nur noch drei

Wintereinbruch im August

Mittelohrentzuendung

Gut geruestet

 


Mehr Pferde als Einwohner

Welches Land wuerde sich fuer ein Pferdetrekking besser eignen als die Mongolei, wo die Pferde zahlreicher sind als die Menschen? Die meisten mongolischen Pferde sind sehr klein, tragen bunte Holzsaettel, haben eine strubbelige Maehne und sind auf dem Lande das Fortbewegungsmittel Nummer eins. Waehrend bei uns die Maenner mit teuren Sportwagen bluffen, tun sie es hier mit schnellen Pferden. Hierzulande werden die Frauen mit schoen verziertem Silber-Zaumzeug beeindruckt. Baagii, ein Mongole, den wir unterwegs kennenlernten, meinte, er faende es lustig, dass in westlichen Laendern zwar jeder ein Auto besitze, dass er aber schon oft gehoert habe, dass nur reiche Leute sich ein Pferd leisten koennten. Hier in der Mongolei sei es genau umgekehrt; hier besitze selbst der Aermste ein Pferd.

 

Mongolen gehen teils recht harsch um mit ihren Pferden. Da wird nicht gestreichelt und verhaetschelt. Dementsprechend sind sich die Tiere beispielsweise nicht gewohnt, an der Stirne gestreichelt zu werden und weichen foermlich zurueck, was einem zu Beginn ziemlich irritiert. Es ist schwierig, eine enge Beziehung aufzubauen zu den Pferden, was daher kommt, dass sie halbwild in der Herde leben und nur ab und zu geritten werden. Sobald sie kein Zaumzeug anhaben, kann man sich ihnen nicht mehr so ohne weiteres naehern (was wir aus eigener Erfahrung bestaetigen koennen…siehe spaeter in diesem Bericht). Wenn die Pferde bei uns “Blacky”, “Calvaro” oder “Fireball” gerufen werden, heissen sie hier ganz praktisch “Brauner”, “Hellroter” oder “Schwarzweisser”. So gibt’s dann halt Tausende, die auf denselben Namen hoeren…





Pferde (mongol.=moerr) zu kaufen ist in der Mongolei - zumindest in den Sommermonaten – nicht allzu schwierig. Wer laenger als drei Wochen unterwegs ist, der kauft sich am besten seine eigenen Pferde. Man sucht sich eine bevorzugte Region aus, fahert hin und kommt automatisch ins Gespraech mit den Leuten (so war es jedenfalls bei uns). Die meisten haben selber Pferde oder kennen jemanden mit einer grossen Herde. Vergleicht man mit westlichen Verhaeltnissen, so sind Pferde hier sehr guenstig zu bekommen. Man braucht ja fuer ein Trekking keine Superpferde, sondern einfach ruhige Tiere mit gutem Charakter, die einige Stunden problemlos mithalten koennen einen schnellen Schritt haben (was bei uns leider nicht immer der Fall war, und oft hoerte man uns die Pferde “mongolisch” antreiben mit dem Ruf “tschu, tschu”). Nach einem Tag Proberritt merkt man, ob einem die Pferde auch zusagen, oder ob sie irgendeine Marotte haben, mit der man nicht klarkommt. Am Ende der Tour verkauft oder aber verschenkt man die Pferde oder bringt sie an den Ort zurueck, wo man sie gekauft hat. Wir wurden unterwegs mehrere Male gefragt, ob wir unsere Pferde verkaufen wollten.

 

Uebrigens: In der Mongolei kann man seit einiger Zeit wieder Wildpferde beobachten. Sie waren faktisch bereits ausgestorben und lebten nur noch in Zoos. Vor einigen Jahren wurden sie wieder eingefuehrt in der Mongolei (Hustai National Park, Infos unter www.treemail.nl/takh).


Weltgeschehen ade - wo gibt's hier Wasser?

Mit zwei Reit- und zwei Packpferden sind wir im Juli losgezogen und haben waehrend ueber zwei Monaten die Region Huvsgul im Norden der Mongolei erkundet. Wir ritten durch lichte Laerchenwaelder, bluehende Blumenwiesen, entlang des Huvsgul-Sees und durch wilde Flusstaeler, durchquerten Sumpfgebiete und erklommen steinige Bergkuppen. Oft sahen wir vor lauter Edelweissen die Wiese nicht mehr, und es brauchte eine Weile, bis wir keine Traenen mehr in den Augen hatten, wenn unsere Pferde mit einem Biss gleich zehn Edelweisse wegputzten…

 

Es ist ein wunderbares Erlebnis, so ganz auf sich alleine gestellt durch die Landschaft zu reiten. Ploetzlich ruecken ganz urspruengliche Dinge ins Zentrum, wie "wo gibt es Wasser, wo eine blumenreiche Wiese fuer die Pferde, wo Brennholz?" Taeglich kochten wir ueber dem Feuer, waren dem Wetter immer unmittelbar ausgesetzt. Da wir uns durchschnittlich auf 1600 Meter ueber Meer aufhielten, waren die Naechte bereits im Sommer relativ kuehl, und im September kamen die ersten Froeste. Wir erlebten warme, sonnige Sommertage ebenso wie Regen, Hagel, Schnee und Kaelte. Wir fuehlten uns unendlich frei und genossen die unverbaute Landschaft. Nachts sassen wir am Feuer, hoerten den Pferden beim Fressen zu, bestaunten den Sternenhimmel und den Mond. Mit dem Pferd bewegt man sich relativ langsam fort, erlebt die Landschaft sehr intensiv. Wir haben im Verhaeltnis zu der langen Zeit, die wir in der Mongolei waren, nur eine sehr kleine Region des Landes gesehen, doch diese dafuer sehr in die Tiefe kennengelernt. Wir haben etwas mongolisch gelernt und viele unvergessliche Begegnungen mit Mongolen gehabt.

 

So eine Reittour ist uebrigens recht anstrengend: Uns beiden sind irgendwo unterwegs einige Kilos abhanden gekommen… Die schicken “Dry-Jeans” baumeln uns lose um die Beine und sehen aus, als waeren sie drei Nummern zu gross. Und das, obwohl wir taeglich soviel kochten, dass die Pfanne fast ueberquoll.


Fischen ohne Fischerrute

Fische wuerden eine gute Abwechslung in unseren Speiseplan bringen, dachten wir uns, und Migg verwandelte kurzerhand seinen finnischen Wanderstock in eine mongolische Fischerrute. Zuerst mit hochgekrempelter Hose, dann mit nichts als der Unterhose stellte er sich mitten in den Fluss, doch die Erfolge blieben bescheiden. Anders bei den Mongolen: Mit kleinen Hoelzchen, an denen sie ein Stueck Silk befestigten, zogen sie teils riesige Fische raus. Sie mockierten sich dann jeweils ueber die “City-People”, die mit gekauften Fischerruten aufs Land kommen und weniger Erfolg haben als sie. Das Fischen scheint hier erst langsam populaer zu werden, und die Fluesse und Seen sind noch voll von Fischen. Ein Mongole schenkte uns drei Riesenexemplare aus dem Huvsgul-See, die wunderbar schmeckten.


Pflegeleichte Pferde

Bevor wir alleine loszogen, waren wir waehrend einer Woche mit dem Mongolen Tsochtoo unterwegs, der uns mongolisches “Pferde-Know-How” beibrachte. An langen Seilen, die mit einem Eisenhaken im Boden verankert wurden, liessen wir die Pferde nachts jeweils fressen und zogen ihnen meist auch noch Fussfesseln an, damit sie sich, falls sie sich irgendwie befreien konnten, nicht allzuweit entfernen wuerden. Zum Reiten hatten wir nicht die klassisch mongolischen Holzsaettel (die zwar schoen bunt, aber verdammt hart sind), sondern die russische Soft-Version. Mongolische Pferde sind nicht gerade anspruchsvoll in der Pflege. Man putzt sie nie (zum Glueck regnet es ab und zu), man muss sie nicht fuettern, sondern lediglich eine blumige Wiese fuer sie suchen, und sie tragen auch keine Hufeisen, die man auskratzen muesste.

 

Wir sind pro Tag so zwischen 10 und 30 Kilometer geritten, haben es gemuetlich genommen und immer wieder Rasttage eingeschaltet. Vor unserer Reise hatten wir in einem Buch zum Thema “Trekkingreiten” den folgenden Satz gelesen: “Fuer den Wanderreiter beginnt der Tag im Morgengrauen”. Was wir uns fest vornahmen. Doch als wir jeweils aus dem Zelt krochen, war vom Morgengrauen nichts mehr zu sehen. Bis wir dann gemuetlich gefruehstueckt und die Pferde bepackt hatten, war’s meist ein oder zwei Uhr nachmittags…

 

Auch einen geeigneten Uebernachtungsplatz haben wir statt am fruehen oft erst am spaeten Abend gefunden. Denn es war nicht immer leicht, zur gewuenschten Rastzeit einen Ort mit Wasser zu finden. Oftmals mussten wir einige Kilometer weiter als beabsichtigt reiten, weil der auf der Karte eingezeichnete Fluss sich als trockenes Steinbett entpuppte.

 

Orientiert haben wir uns auf unserer Tour mit einer 1:500’000 Karte (das beste, was wir bekamen), dem Kompass und dem GPS, das sehr wertvoll war fuer die exakte Standortbestimmung. Doch alle Hightech-Geraete konnten uns nicht davor bewahren, ab und zu vor hohen Abgruenden zu stehen oder in matschigen Suempfen einzusaufen… Aber das macht die Sache spannend!

 

Nach etwa 40 Tagen sind wir zum Ausgangsort zurueckgekehrt und haben die Pferde ausgetauscht, bevor wir zu einer zweiten Rundtour starteten. Dies hatten wir von Beginn an so abgemacht, da die mongolische “Pferdefamilie” meinte, es sei nicht gut, mit denselben Pferden so lange unterwegs zu sein, da sie dann zuwenig Fettreserven fuer den Winter bilden koennten und vielleicht nicht ueberleben wuerden.





Rodeospruenge und bissige Pferde

Wir hatten eine tolle Zeit mit unseren Pferden und haben viel gelernt. Wir sind mit ihnen durch die Steppe ebenso wie durch unwegsames Gelaende geritten. Waehrend der ganzen Zeit haben sie uns auch in schwierigen Situationen nie im Stich gelassen und brav alles mitgemacht, was wir von ihnen verlangten. Sie hatten alle ihren ganz eigenen Charakter, doch nach einigen Tagen hatten wir sie ganz gut im Griff. Zugegeben, nicht immer: Ab und zu ging’s auch turbulent zu und her. Auf einer so langen Pferdetour kann so einiges passieren, und wir wollen euch diese Stories natuerlich nicht vorenthalten...

 

So landeten wir beide mehr als einmal unbeabsichtigt auf dem Boden und wurden auch mehr als einmal gebissen und getreten. Die Abwuerfe verliefen glimpflich und sahen wohl wilder aus, als sie es waren. Leider gibt’s keine Fotos davon, denn auch die Kamera flog jeweils mit… Caroline wollte eigentlich nur den Reissverschluss ihrer Jacke hochziehen, doch das Geraeusch jagte ihrem Pferd einen solchen Schreck ein, dass es ausrastete und davonpreschte. Leider mochte das Packpferd nicht mithalten. Und statt seine Leine einfach loszulassen, hielt Caroline sie krampfhaft fest, worauf sie sozusagen vom Packpferd aus dem Sattel gezogen wurde… Migg wollte nicht seinen Reissverschluss hochziehen, sondern nahm eine junge Mongolin zu sich aufs Pferd, um sie nach Hause zu bringen. Doch dem Pferd passte dies gar nicht, und es bockte, bis die beiden unten waren. Nicht nur junge Damen, auch knisternde Einkaufstueten animieren mongolische Pferde uebrigens zu temperamentvollen Rodeospruengen. Migg hat sich aber erstaunlich lange auf dem Pferd gehalten… Natuerlich sind wir jeweils, ohne uns was anmerken zu lassen, sofort aufgestanden und wieder rauf aufs Pferd gestiegen, wie es sich fuer richtige Reiter gehoert.

 

Auch gebissen wurden wir immer wieder, und zwar von einem unserer Packpferde, das alles andere als liebenswuerdig war. Immer, wenn man den Sattel anzog, schnellte sein Kopf blitzgeschwind nach hinten und die Zaehne schnappten zu. Mit Vorliebe biss es Caroline, einmal ins Bein, dann in den Arm, zum Glueck nicht sehr fest. Und schliesslich biss er einen Mongolen, der uns netterweise beim Beladen der Pferde half, mitten in den Po. War das peinlich… Klar, dass dieses Pferd schnell seinen Namen hatte und nur noch “Beisser” gerufen wurde. Doch damit nicht genug: Schliesslich wurden wir auch noch getreten, und zwar von unserem Pferd namens “Schlaeger”, das auf der zweiten Tour mit dabei war. Er vollfuehrte Bocksprunge und keilte seitlich aus, sobald man ihn satteln wollte. Stellte man sich dann aus der Schusslinie und in Kopfnaehe, so versuchte er auch noch zu beissen. Die Bockspruenge wurden jeden Tag krasser, bis wir es schliesslich aufgaben, das Pferd ueberhaupt noch zu satteln. Ein Packpferd musste fuer die letzten Tage der Tour das ganze Gepaeck alleine tragen, waehrend das andere zum Reitpferd umfunktioniert wurde. “Schlaeger” trottete von da an nutzlos hinterher.


Packpferd packen

Es war gar nicht so leicht, jeweils das Gepaeck auf die Packpferde zu kriegen. Die Saettel, die wir ausgeliehen hatten, waren keine speziellen Pack-, sondern umfunktionierte Reitsaettel, die fuer grosse Lasten nicht wirklich geeignet waren. Zusammen mit der Familie, von der wir die Pferde hatten, naehten wir vor unserem Abritt Packtaschen aus wetterfestem Material, die sich spaeter aber als nicht sehr praktisch erwiesen. Sie waren zu lang, und ihr Gewicht brachte den Sattel dazu, immer wieder nach vorne zu rutschen. Es gab Tage, an denen wir das Gepaeck mehrere Male neu laden mussten. Meist natuerlich in den unpassendsten Situationen wie etwa mitten im Sumpf oder gar im schneebedeckten Sumpf. Einmal merkten wir nicht, dass der Sattel ins Rutschen gekommen war, und schon war es zu spaet und das ganze Gepaeck lag auf dem Boden verstreut. Das Pferd hatte es samt Sattel ueber den Kopf gestreift… Es hatte sich gluecklicherweise dabei nicht verletzt. Also alles nochmal von vorn aufladen! Die Taschen rissen zu Beginn an den Naehten immer wieder ein, so dass aus unseren Ruhetagen oft Naeh- und Flicktage wurden.

 

Und als wir das Packen endlich so richtig souveraen im Griff hatten, kam eines Tages ein kleiner Junge aus dem Wald geritten und schenkte uns ein Hirschgeweih, das wir von da an auch noch irgendwo unterbringen mussten…Was jeweils ziemlich lustig aussah.


Ein Cowboy muss her!

Wer ihn kennt, wusste es schon immer: In Migg schlummert ein begnadeter Cowboy! Zum Glueck, denn eines Morgens stand unser Pferd “Beisser” ploetzlich ohne Zaumzeug da. Er hatte es ueber Nacht irgendwie geschafft, es abzustreifen. Sobald sich Migg ihm zu naehern versuchte, war er auch schon weg. Auch der Versuch, ihn vom Pferd aus einzufangen, scheiterte. Schliesslich griffen wir zu einem neuen Trick: In der Naehe unseres Rastplatzes lag ein ungenutztes Winterquartier mit einem eingezaeunten Stueck Wiese. Wir sattelten also unsere Pferde und zogen mit ihnen los. Nach einer Weile folgte “Beisser”, und wir lockten ihn ins umzaeunte Feld. Und nun ging es erst so richtig los: Das Pferd rannte von der einen in die andere Ecke und wieder zurueck, wir hinterher, immer eine Nasenlaenge zu spaet. Nach etwa einer Stunde schweisstreibender Arbeit schaffte es Cowboy Migg endlich, dem Pferd das Halfter samt Fuehrleine ueber den Hals zu werfen, worauf es endlich stillstand und aufgab…Auch wenn es fuer mongolische Verhaeltnisse lange gedauert hat: Wir waren ehrlich gesagt ziemlich stolz auf uns.


Da waren’s nur noch drei

Ein weitaus groesseres Problem hatten wir dann eines Morgens Mitte August am Ufer des Huvsgul-Sees: Als wir morgens aus dem Zelt schauten, hatten wir nicht mehr vier, sondern nur noch drei Pferde. Carolines Reitpferd war spurlos verschwunden, mitsamt dem Halfter, der Fussfessel und dem langen Seil, an dem es angebunden war. Schnell war klar, dass es nicht etwa abgehauen war, sondern von einem hinterlistigen Mongolen geklaut worden war.

 

Wir wollten uns gerade auf die aussichtslose Suche nach dem Pferd machen, als Dondog, ein Mongole, den wir am Tag zuvor kennengelernt hatten, vorbeikam und uns Butter und frisches Brot vorbeibrachte. Als er vom gestohlenen Pferd hoerte, ritt er mit Migg los, um es zu suchen, doch der Dieb war wohl laengst ueber alle Berge.

 

Wir koennten fuer 100 Dollar eines seiner Pferde kaufen, schlug Dondog uns vor. Es sei zehn Jahre alt und extrem berggaengig, er habe es jeweils auf der Jagd gebraucht, erzaehlte er. Er bot uns ausserdem an, sein Zelt bei seiner Familie aufzustellen, denn bei ihm seien wir garantiert sicher vor Pferdedieben. Seine Familie wohnt nur den Winter ueber beim Huvsgul-See und war fuer einige Wochen hierher gekommen, um zu Heuen. Waehrend dieser Zeit wohnten sie im Zelt, bevor sie im September dann die Jurte und die Tiere holten. Wir kauften ihm also sein Pferd ab, zuegelten unsere ganze Habe zu seinem Lagerplatz und blieben schlussendlich fast eine Woche bei ihm und seiner Familie. Wir hatten eine unvergessliche Zeit zusammen, haben beim Heuen und Kochen geholfen, mit ihnen gesungen und viel gelacht. Verstaendigt haben wir uns mit Haenden und Fuessen, mit Zeichnungen und einigen Woertern mongolisch.





Wir ritten anschliessend weiter, und wie es in der Mongolei so ist, schnell einmal spricht man darueber, was man fuer sein Pferd bezahlt hat. So fanden wir bald raus, das Dondog uns sein Pferd zu einem stattlichen Preis verkauft hatte. Es war offenbar aelter als zehnjaehrig, was wir natuerlich nicht gemerkt hatten. Und schon hatte auch das neue Pferd seinen passenden Namen, naemlich “Dollarprinz”. Klar ist 100 Dollar fuer unsere Verhaeltnisse ein kleiner Betrag fuer ein Pferd, doch wer laesst sich schon gerne uebers Ohr hauen? Und so schauten wir auf unserem Weg zurueck nochmal bei Dondog rein. Als sich die Gelegenheit ergab, sprachen wir ihn darauf an, worauf es ihm richtig peinlich wurde und seine Frau und seine Brueder ihn lauthals auslachten. So peinlich war es ihm, dass er uns sein schoenstes Zaumzeug mit Silberverzierungen schenkte…Wir werden es mit nach Hause nehmen und das liebenswerte “Schlitzohr” Dondog in bester Erinnerung behalten.

 

Spaeter hoerten wir uebrigens, dass auch anderen Touristen in der selben Region ihre Pferde geklaut wurden. Die Diebe schlagen offenbar mit Vorliebe bei Fremden zu, die ohne Mongolischen Fuehrer unterwegs sind. Der Diebstahl machte uns vorsichtig: Fortan liessen wir unsere Pferde nur noch abends fressen und banden sie Nachts unmittelbar in Zeltnaehe an einen Baum. Als Rastplaetze suchten wir versteckte Orte, damit man uns moeglichst nicht sehen konnte…

 

Fuer ein Happy-End der Geschichte sorgte schliesslich die Helvetia Patria, www.helvetiapatria.ch, bei der wir unsere Hausratsversicherung abgeschlossen haben. Wir schilderten unseren Fall, und unsere nette Beraterin klaerte ab, ob Pferde nun Hausrat sind oder nicht… eigentlich nicht, meinte die Helvetia Patria, doch sie koenne uns ausnahmsweise entgegenkommen und den Betrag uebernehmen. Wir haben uns sehr darueber gefreut – Danke!


Wintereinbruch im August

Auch das Wetter hat uns waehrend unserer Reittour einige Streiche gespielt. Wir hatten einen wunderschoenen Sommer und nie laenger als einen Tag Regen, was wir sehr schaetzten. Doch dafuer meldete sich bereits am 24. August das erste Mal der Winter. Wir wurden vom Schnee foermlich ueberrascht und waren dementsprechend unpassend gekleidet. Als wir am Morgen losritten, regnete es leicht. Unterwegs kuehlte es schlagartig ab, und aus dem Regen wurde Schnee. Es schneite so stark, dass bald alles weiss war. All unsere Winterkleider waren gut verpackt auf dem Pferd, so dass wir bald mit nassen und kalten Fuessen vor uns hinschlotterten. Wir stellten dann mitten im Schneetreiben unser Zelt auf und waermten uns am Feuer. Waehrend drei Tagen schneite und windete es ununterbrochen, und das Wetter trieb uns erstmals an unsere Grenzen. Der Schnee verschwand spaeter wieder, doch die Kaelte blieb. Ab September gab es jede Nacht Froeste, und gegen Ende unserer Tour schneite es erneut und war waehrend Tagen so kalt, dass das Wasser in unserem Wassersack innerhalb kuerstester Zeit komplett eingefroren war. So hatten wir ploetzlich mit ganz neuen Problemen zu kaempfen. Es ist schon hart, bei solch tiefen Temperaturen mit nichts als Zelt und Schlafsack draussen zu leben. Es war auf jeden Fall eine eindrueckliche Erfahrung, und uns wurde erst so richtig bewusst, wie hart das Nomadenleben in Wirklichkeit ist. Wir traeumten dann jeweils von waermeren Laendern, von Palmen, blauem Meer und Sandstrand…


Mittelohrentzuendung

Leider kamen wir nicht unbeschadet ueber den ersten Kaelteeinbruch hinweg. Migg erkaeltete sich und bekam anschliessend eine schwere Mittelohrentzuendung. Zu Beginn blutete und eiterte es aus dem Ohr, und ein lautes Pfeifen war konstant da. Zum Glueck hatten wir Antibiotika dabei, ansonsten konnten wir nicht viel tun. Der Titel unseres medizinischen Ratgebers “wo es keinen Arzt gibt” bekam erstmals eine tiefere Bedeutung. Leider war das Thema “Ohr” darin nicht wirklich abgedeckt. So blieb uns nichts anderes uebrig, als zu warten, bis es Migg etwas besser ging und er wieder reiten konnte. Nach sieben Tage zogen wir langsam weiter. Der starke und kalte Wind, der schon seit einigen Tagen wehte, wollte einfach nicht aufhoeren, was fuer die Heilung nicht gerade foerderlich war. Wir unterbrachen schliesslich unsere Reise und fuhren nach Murun ins Spital, um das Ohr zu untersuchen. Doch das Spital ist so schlecht ausgeruestet, dass es nicht viel brachte. Weit mehr halfen uns die Informationen, die wir aus der Schweiz per Mail und Fax bekamen. Vielen Dank! Nach einigen Tagen Erholung beschlossen wir, die Reittour fortzusetzen, da es Migg wieder etwas besser ging. Wir fuhren also wieder raus zu unseren Pferden und starteten unsere zweite Rundtour, die bis Anfang Oktober dauerte.

 

Eigentlich wollten wir, sobald wir in Ulaanbaatar ankamen, zum Spital gehen, um das Ohr zu untersuchen. Doch hier hoert man so viel Schlechtes ueber die Spitaeler, dass wir uns entschieden haben, noch etwas zuzuwarten, bis wir in Peking sind. Das Pfeifen ist nun nur noch ganz schwach, und wir hoffen sehr, dass es bald ganz verschwunden sein wird.

 

Wenn man so fernab der Zivilisation krank wird, und wenn man die schlechten Spitaeler hier sieht, wird einem wieder einmal bewusst, wie privilegiert wir in der Schweiz eigentlich sind.


Gut geruestet

Wir wussten’s ja schon immer: Eine gute Ausruestung ist der Schluessel zum erfolgreichen Outdoor-Leben. Bis jetzt hat unser Equipment alle Strapazen bestens ueberstanden, und wir koennen allen Leuten, die in der Planungsphase sind, nur raten, genuegend Zeit zu investieren beim Aussuchen der Produkte. Es lohnt sich, auch wenn die wirklich guten Dinge meist nicht ganz billig sind.

 

Nebst der Standardausruestung, zu der beispielsweise Schlafsack oder Zelt zaehlen, gibt es einige Gegenstaende, die einem das Leben in der Wildnis erleichtern. Wir haben im folgenden unsere persoenlichen “Top seven” auserkoren, die fuer eine Pferdetour durch die Mongolei aus unserer Sicht unentbehrlich, wenn auch nicht “ueberlebensnotwendig” sind.


Thermosflasche   Wer bei Minus 10 Grad den warmen Schlafsack irgendwann doch verlassen muss, schaetzt eine Tasse warmen Tee ueber alles… 
Leatherman-Tool   Wie sagte Javier von ATW in seinem Baseldeutsch so schoen? “I sag dr: Wenn des hesch, denn bruuchsches…” 
Magellan-GPS   Zur genauen Standortbestimmung unerlaesslich, besonders, wenn eine Landkarte im Massstab 1:500’000 das beste ist, was man finden kann… 
Russischer Regenmantel   Wir stehen ja sonst nicht auf Armee-Klamotten, und sehr kleidsam war er auch nicht (siehe Bildreportage). Aber dafuer absolut wasserdicht von oben bis unten… 
Reitstiefel   Und sofort sieht man aus, als ob man so richtig gut reiten koennte… 
Kleines Beil   Es sieht zwar aus wie ein Spielzeug, kommt aber mit handlichen Holsstaemmen klar... 
Ortlieb Wassersack 10l   Auch die Mongolen erkannten schnell, wie cool so ein Wassersack ist. Wir haetten ihn bestimmt zwanzig Mal verschenken koennen. Aber eben, wir wollten halt nicht darauf verzichten… 

Wer nach der Lektuere unseres Berichts Lust bekommen hat, in die Mongolei zu reisen, aber nicht auf eigene Faust herumziehen will, dem koennen wir eine kompetente und sehr charmante mongolische Reisefuehrerin empfehlen. Wir haben Cheke waehrend unseres Aufenthalts in Ulaanbaatar naeher kennengelernt. Sie ist ueber E-Mail erreichbar: cheke58@hotmail.com oder tsurhai2000@mail.com (Cheke-Tour).


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Last update:  10:03 26/02 2007